Rekordbäume / Champion Trees - Was gibt´s Neues?

Ulmus L. ´Sapporo Autumn Gold`

Resista-Ulme ´Sapporo Autumn Gold`, Gelbe Resista-Ulme, Sapporo-Ulme

Familie: Ulmaceae, Ulmengewächse

Die Familie der Ulmengewächse umfasst neben vier subtropisch-tropisch verbreiteten drei in Mittel-Europa anzutreffende Gattungen: Zelkova, die Zelkove, die in Ost-Asien, im Kaukasus bis Iran und im Mittelmeergebiet beheimatete Sippen aufweist und in unseren Gärten und Parks und auch als Straßenbaum gepflanzt wird, und Hemiptelea, die Dornulme, die als monotypische Gattung mit nur einer ostasiatischen Art sehr selten auch bei uns anzutreffen ist. Es verbleibt als dritte Gattung die namengebende Ulme oder Rüster mit rund 45 Arten, von denen drei bei uns beheimatet sind: Ulmus glabra, Berg-Ulme, Ulmus laevis, Flatter-Ulme, und Ulmus minor, Feld-Ulme.

In diesem Porträt eines bereits im Altertum verehrten Baumes und einer seiner modernen Sorten soll es schließlich um eine hoffnungsvolle Zukunft gehen, die lange Zeit nicht vorstellbar erschien - fangen wir also ziemlich weit vorne mit der Geschichte an.

Die Ulme ist Bestandteil der in Deutschland heimischen Gehölzflora und vor allem entlang der großen Flusstäler und in Auwäldern, aber auch im Bergland und in der Feldflur zu finden. Sie bildet nie einen geschlossenen Bestand, sondern wächst zumeist einzeln eingestreut in Mischwäldern. Sie zierte außerdem viele Jahrhunderte als Kulturbaum z. B. die Dorfplätze und Kirchengebäude und konnte dabei als mächtiger bis zu 40 m hoch werdender Solitär ein Alter von 600 Jahren erreichen.

Abb. 1: Ulmus laevis im brandenburgischen Gülitz, mit 9,87 m Umfang die stärkste Ulme in der DDG-Rekordbaum-Liste. Diese Flatter-Ulme steht hinter der Kirche am ehemaligen Friedhof, das Bild wurde 2014 von Andreas Gomolka aufgenommen.

Doch die Geschichte unserer Ulmen nahm Anfang des 20. Jahrhunderts einen tragischen Verlauf, als zuerst 1919 in den Niederlanden und dann 1921 in Bonn erstmals auch für Deutschland eine Ulmen-Krankheit registriert wurde, die die mächtigen Bäume zum Absterben brachte. Der Schlauchpilz (Klasse Ascomycetes) Ceratocystis ulmi wird durch verschiedene Borkenkäfer (Familie Scolytidae), die sogenannten Ulmensplintkäfer, von Baum zu Baum verbreitet und bringt diese durch Einwachsen in die Wasserleitungsbahnen innerhalb kurzer Zeit zum Vertrocknen. Es handelt sich um eine für die Ulme verhängnisvolle Partnerschaft zweier Organismen, die alleine für sich lebensfähig sind und sich nicht zwingend für ihre Existenz benötigen.

Abb. 2: Scolytus scolytus, der Große Ulmensplintkäfer, früher auch als Rüstersplintkäfer (Eccoptogaster scolytus) bezeichnet. Abbildung erschienen in der 4. Auflage von Meyers Konversationslexikon (1885-90).

Die beiden niederländischen Biologinnen Dina Spierenburg und Beatrice Schwarz beschrieben die um 1913 ausgebrochene Krankheit als erste und stellten schon 1921 fest, dass es sich um eine pilzparasitäre, eine Welke und das Absterben des Baumes verursachende Krankheit handelte, die vom Ulmensplintkäfer über alle Landesgrenzen hinweg verbreitet wurde. Die Erkenntnisse der Wissenschaftlerinnen wurden in der Fachwelt zuerst angezweifelt und erst Ende der 1920er-Jahre anerkannt. Die zuerst als „Holländische Ulmenkrankheit“ bezeichnete Krankheit breitete sich rasant aus, zuerst in an die Niederlande angrenzenden Regionen wie dem Rheinland und Westfalen, dann in anderen europäischen Staaten wie Frankreich, England, Polen und später auch in den Vereinigten Staaten von Amerika. Nach einem nicht gänzlich aufgeklärten Rückgang der Erkrankungen um 1945 kam es in den 1960er-Jahren zu einer zweiten Infektionswelle (und später zu einer dritten, mehr östlichen Variante), die über infiziertes Ulmenholz von den USA nach England exportiert wurde und aufgrund eines wesentlich aggressiveren Erregerstammes zu weiteren großen Verlusten an Ulmen führte. In Zahlen ausgedrückt wird die Dimension dieser Pflanzenkrankheit deutlich: in Süd-England z. B. wurden von 24 Millionen Bäumen rund 16 Millionen vernichtet und in Deutschland geht man von einer Größenordnung von ca. 80 % Verlust des Gesamtbestandes aus.

Ende der 1970er-Jahre begann eine internationale Strategie in Europa, in deren Verlauf nationale Forschungsbestrebungen koordiniert wurden, um langfristig Erfolge bei der Erhaltung der Ulme zu erzielen. Die vielfältigen Versuche über chemische Bekämpfung des Pilzes und der Borkenkäfer, Vernichtung der potentiellen Brutherde, frühzeitige Diagnose, Verbot der Einfuhr von Ulmenholz, rechtzeitiger Rückschnitt frisch Symptome zeigender Bäume, Einsatz von bakteriellen und pilzlichen Gegenspielern wie Pseudomonas syringae und Trichoderma viride usw. erwiesen sich langfristig betrachtet nicht als ausreichend, sondern höchstens nützlich als unterstützende Maßnahmen. Der einzig Erfolg versprechende Weg war der der Züchtung resistenter Ulmen und auf diesem Weg hat man in den vergangenen Jahrzehnten beachtliche Erfolge erzielen können. Von der Erkenntnis, dass einzelne Exemplare ansonsten sehr anfälliger Arten wie z. B. Ulmus minor nicht befallen wurden und somit individuelle Resistenz aufwiesen, andere Vertreter derselben Art aber umso stärker erkrankten, und dass besonders ostasiatische Ulmenarten wie Ulmus pumila, Ulmus japonica und andere besonders häufig resistent waren, führte die Züchtungsarbeit vor allem in den USA schon seit 1958 einschließlich jahrelanger Infizierungs- und Selektionsverfahren zu einer ersten Gruppe sogenannter Resista-Ulmen. Diese in den USA ab 1975 in den Handel gebrachten Sorten ermöglichten eine Wiederanpflanzung von Ulmen und somit den Erhalt dieser schönen Bäume in den Städten und in der Landschaft.

Zur ersten Generation der Resista-Ulmen, die in Deutschland 1987 durch das Bundessortenamt in die Sortenschutzrolle aufgenommen wurden, gehörten die folgenden: ´Recerta`(U. pumila x U. minor), ´Regal` ([U. x hollandica ´Vegeta` x U. minor] x [U. pumila x U. minor ´Hoerholmiensis`]) und ´Sapporo Gold` bzw. ´Sapporo Autumn Gold` (U. pumila x U. japonica). Es wurde und wird also neben F1-Hybriden auch mit Komplexhybriden aus drei oder mehr Elternarten gearbeitet. Schaut man heute in einschlägige Baumschul-Kataloge und Listen, sieht man eine enorm angewachsene Anzahl von mehr als 20 verschiedenen Ulmen-Sorten, die unterschiedliches Resistenzniveau aufweisen, unterschiedliche Wuchshöhen und Breitenausmaße erreichen und verschiedenste Laubgrößen und -ausfärbungen versprechen. Als eine der resistentesten Sorten wird aktuell die säulenförmig wachsende ´Columella` angesehen. Wir finden nun attraktive Sorten für die verschiedensten Anforderungen in den Städten, Parks, Gärten und Landschaft. Der Anpflanzung von Ulmen steht eigentlich nichts mehr im Wege.

Abb. 3: Die `Sapporo Autum Gold` in Burgbernheim, Bayern, als Straßenbaum in einem Gewerbegebiet 1990 gepflanzt, zusammen mit 12 weiteren Ulmen. Der Baum ist ca. 7 m hoch, das Foto stammt von Thomas Fober.

Unser neuer Bundeschampion in der Gattung der Ulmen, die ´Sapporo Autumn Gold` im bayerischen Burgbernheim, steht zur Zeit einsam in der Liste mit einem Stammumfang von 1,2 m. Diesen Platz wird sie bald verlieren, denn in Frankfurt am Main gibt es zwei Exemplare mit mehr als 2 m Umfang. Diese werden demnächst gemeldet und in unsere Liste eingefügt.
So hoffen wir, dass irgendwann wieder eine der Ulmen so berühmt werden kann wie weiland die berühmteste Ulme Deutschlands, die Uhlandulme in der Ruine des Klosters Hirsau im Schwarzwald, die 1991 aufgrund des Pilzbefalls bis auf einen Stumpf zurückgesägt werden musste und den Dichter Ludwig Uhland (1787-1862) zu folgenden Versen inspirierte:

„Zu Hirsau in den Trümmern da wiegt ein Ulmenbaum
Frisch grünend seine Krone hoch überm Giebelsaum.
Er wurzelt tief im Grunde vom alten Klosterbau;
Er wölbt sich statt des Daches hinaus ins Himmelblau …“

Manfred Wessel, Bad Vilbel

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